Nach meinem Rückwechsel von Diesel auf Otto muss ich mich nun zeitverzögert mit der Bio-Ethanol-Geschichte beschäftigen. Herstellerseitig liegt eine E10-Unbedenklichkeitserklärung vor, ROZ 95 ist die Vorgabe. Mein alter Outlander 2.4 sollte ebenfalls mit ROZ 95 gefahren werden, dank Klopfsensor war aber auch ROZ 91 (Handelsüblich Benzin Normal) ohne weiteres möglich. Was ich hier bewusst auslasse, ist der Part, das Nahrung verstoffwechselt wird, den tatsächlichen Nutzen für den Umweltschutz, die Produktionskosten von E10 etc. - das sind alles Faktoren, die ich selbst nicht beeinflussen kann. Berlin hat E10 durchgedrückt, ich kann also nur entscheiden, ob ich die "Schutzsorte", Premium oder E10 tanken möchte. Statt emotional wollte ich einmal faktenorientiert an die Sache herangehen.
Was gibt es nun alles an der Tankstelle, nach Kosten gestaffelt:
- Super 95 E10
- Super 95 E5
- SuperPlus 98
- Premium mit über 100 Oktan
Die Fakten über Bio-Ethanol sind:
- Ethanol enthält weniger Energie, daher der Mehrverbrauch
- E10 kann sich bei langer Standzeit entmischen
- Erfahrungen in Amerika zeigen, das die Kraftstoffsysteme via Lambdasonde bis E10 ohne weiteres vertragen
- E5 bis mindestens 2013, danach wird es wohl das Schicksal von Normal Benzin teilen und verschwinden
Im Prinzip dreht sich die Frage also darum, E10 oder SuperPlus 98 zu tanken.
Aktueller Preis (04.11.2012) bei meiner JET-"Haustankstelle":
- Super 95 E10 - 1,559/l
- SuperPlus 98 - 1,639/l
Mehrverbrauch ca. 3%
Bei 10l Verbrauch und 50l Tank (Vereinfacht dargestellt) kommt der Wagen mit E5 ca. 500km weit, mit E10 ca. 485km. SuperPlus 98 wäre trotz des Minderverbrauchs durchschnittlich 6€ teurer, E5 durchschnittlich ca. 4€ auf je eine volle Tankfüllung (E10: 75€ / E5: 79€ / SuperPlus: 81€), (Reichweite * (Verbrauch * Literpreis) / 100).
Entmischungsproblematik
Wenn der Wagen längere Zeit steht, wird durch den Luftaustausch der Tankbelüftung Feuchtigkeit angezogen, welcher von Ethanol gebunden wird. Da E10 mehr Ethanol besitzt, ist die kritische Marke aber höher als bei E5 (also auch bei SuperPlus 98, da dieses ebenfalls eine 5% Ethanolbeimischung hat).
Motorschäden & Co.
Ethanol korrosiert Aluminiumbauteile, nicht dafür ausgelegte Treibstoffleitungen, Dichtungen und andere Gummi- und Kunststoffteile können porös werden. Soweit bekannt. Eine wirkliche Alternative wäre nur eine ethanolfreie Sorte - die gibt es aber nicht. E10 wird in Amerika, Australien oder Neuseeland seit längerem vertankt, in Amerika schon seit 30 Jahren (dazu habe ich aber noch keine Quelle gefunden, könnte also auch nur eine Behauptung des ADAC seins). Nicht unwahrscheinlich ist aber, das die für den dortigen Markt bestimmten Fahrzeuge technisch entsprechend ausgerüstet wurden. Wenig hilfreich ist die Ankündigung, das Schleswig-Holsteins Polizei aus technischen Gründen kein E10 tanken darf und die Weigerung der Hersteller, tatsächlich Garantien zu übernehmen.
Daher mal wieder Ethanol-Fakten:
- Ethanol greift Gummis und Kunststoffe an, die nicht ethanolbeständig sind. Bei neuen Autos finden solche Kunstoffe schon lange keine Verwendung mehr.
- Ethanol löst Aluminiumoxide auf. Über lange Zeit können Aluminiumbauteile so an Größe verlieren. (einige Mikrometer) Es gab bedenken, dass Präzisionsteile aus Aluminium dabei kaputt gehen können. Präzisionsteile, die mit dem Treibstoff unmittelbar in Berührung kommen, sind jedoch aus Stahl gefertigt.
- Ethanol reagiert genauso wie Benzin im Motor zu zwei Hauptbestandteilen: CO2 und Wasser. Dieses Wasser kann über die Kolbendichtungen ins Motoröl gelangen und dort zu Klümpchenbildung führen. Ethanol produziert nur geringfügig mehr Wasser als Benzin und trägt damit kaum mehr zur Verunreinigung des Öls bei. Wasser sorgt zudem für Rostbildung im Abgassystem. Die angesaugte Frischluft enthält aber per se schon mehr Wasser.
- Ethanol hat des weiteren eine niedrigere Viskosität als Benzin und steht deshalb im Verruf Einspritzanlagen zu beschädigen, weil die Schmierung von Hochdruckpumpen niedriger sei.
Der tatsächliche Preisunterschied E10 zu SuperPlus ist verhältnismäßig gering, zum derzeit noch verfügbaren E5 noch viel geringer. Der Punkt mit der Schmierung/Hochdruckpumpen ist einer der wenigen Punkte, über welchen ich keine weiteren, entkräftenden Fakten gefunden habe. Die Hersteller halten sich verdeckt, der ADAC erklärt blumig aber inhaltsleer die Bedenkenlosigkeit.
So lange kein preislich relevanter Unterschied zwischen E5 und E10 besteht, das Problem der Reduzierung der Schmierleistung nicht stichhaltig und für mich nachvollziehbar entkräftet wurde, tanke ich den Kraftstoff mit der niedrigsten Ethanol Beimischung.